Verantwortung der Gemeinschaft
In diesem Stadtjournal finden Sie den Beschluss zu den Elternbeiträgen. Darin wird eine Erhöhung der Beiträge für die Betreuung der Kinder in der Krippe in zwei Stufen festgelegt.
In den vergangenen Jahren hatte es für die entsprechenden Beschlussvorlagen keine Mehrheiten gegeben. Doch diesmal gab es diese Mehrheit und die Zustimmung wurde mit dem Druck der gesetzgeberischen Vorgaben und den Forderungen der Rechtsaufsicht zur Haushaltssanierung begründet.
Natürlich kennen auch wir das Kindertagesstättengesetz, nachdem die Eltern mindestens 20% der Betreuungskosten tragen sollen, und wir kennen die Forderung, bei unserer angespannten Haushaltslage alle Möglichkeiten der Einnahmeerhöhung auszuschöpfen.
Wir haben die Erhöhung der Beiträge trotzdem abgelehnt:
Die erwarteten Mehreinnahmen der ersten Erhöhung liegen bei etwa 10.000 € im Jahr, also weniger als ein Euro je Einwohner. Sie sind aber von wenigen Eltern aufzubringen. So steigt beispielsweise die monatliche Belastung für eine Familie, deren 2. Kind ganztägig in der Krippe betreut wird, um monatlich 19,50 € für dieses Kind.
Kinderkrippen und Kindergärten sollen – auch das findet man als Gesetzestext die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern.
Das ist im Interesse aller und die Finanzierung der Unterstützung der Familien bei der Erziehung sollte darum vollständig durch die Gemeinschaft getragen werden wie es etwa für die Straßenbeleuchtung als selbstverständlich empfunden wird.
Man kann aus höheren Gehältern für qualifizierte Erzieher und steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel höhere Gebühren für die Kinderbetreuung berechnen, zukunftsorientierte Politik ergibt sich daraus noch lange nicht.
Weitere Argumente:
Tageseinrichtungen sollen nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII:
1. die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern,
2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,
3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können.
Eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten sind im gemeinschaftlichen Interesse und in diesem gemeinschaftlichen Interesse tragen Eltern eine hohe Verantwortung, dafür muss man sie nicht zusätzlich finanziell belasten.
Zahlen:
Für Kinder erhalten Eltern Kindergeld – 184 € für das erste.
Das ist keine Sozialleistung, sondern eine steuerliche Entlastung.
Vielverdiener bekommen mehr, wenn der Kinderfreibetrag zu größerer Steuerersparnis führt.
Nicht- oder Geringverdiener erhalten kein Kindergeld bzw. es wird auf die Grundsicherung angerechnet.
Die Grundsicherung für Kinder im Krippenalter beträgt 215 €. Davon sind für Essen und Freizeit 48% also 103.20€ vorgesehen.
Mit anderen Worten mit 103 € sollen Eltern ohne oder mit sehr geringem Einkommen ein kleines Kind 31 Tage verpflegen und die Freizeitgestaltung bezahlen können.
Der Elternanteil für die Betreuung in der Kindereinrichtung für 9 Stunden an den Arbeitstagen kostet das anderthalbfache.
Unsere Gesellschaft braucht Kinder, und weil Kinder unvergleichliches Glück bedeuten, werden sich Menschen für Kinder entscheiden, manche kommen auch „ungeplant“. Zu viele Kinder werden in unserem Land jedenfalls nicht geboren. Für deren gesunde Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat die Gemeinschaft eine Verantwortung, weil sie Existenzbedingung dieser Gemeinschaft ist.
Zum Maßstab vieler Entscheidungen wird aber nicht die Verantwortung gemacht, sondern Kosten, wie auch die aktuellen Rechtfertigungen der „Hartz 4“ Beträge zeigen.
Die Durchschnittseinkommen in unserem ehemaligen Landkreis liegen je nach berücksichtigten Einkommensarten um monatlich 50 bis 100 € unter dem sächsischen Durchschnitt. Da ist „Gleichbehandlung“ wie es das Kita-Gesetz fordert ungerecht, weil die Betriebskosten nicht ebenso unter dem sächsischen Durchschnitt liegen.
Heinz Pingel
Fraktionsvorsitzender